Predigten

Liebe Schwestern und Brüder!
„Geld regiert die Welt“ – das denke ich mir immer wieder, wenn ich zu Hause bin und Richtung Frankfurt am Main fahre. Schon von ferne sehe ich das Bankenviertel. Die Türme recken sich zum Himmel und fallen durch ihr Äußeres dem Betrachter auf. Je mehr Gewinn - desto höher die Gebäude - könnte das Motto lauten. Aber sind diese Bankentürme nur Abbild einer Institution oder müssen wir nicht ehrlicherweise eingestehen: Diese riesigen Türme stehen auch für uns? Stehen für dich und für mich und sind letztlich Ausdruck unseres Überflusses und des Geldes, das dort und anderswo für uns aufbewahrt wird?
Geld regiert die Welt. Das ist nicht nur ein Sprichwort, das ist eine erschreckende Wahrheit und die darf uns als Christen nicht in Ruhe lassen. Und darum müssen wir uns fragen: Was regiert mich? Was treibt mich im Leben an oder um? Wofür lebe ich? Was ist das Elixier meines Lebens?
Dass Geld wichtig ist im Leben – darüber müssen wir nicht diskutieren. Jesus lehnt es auch nicht ab. Aber er sieht ganz klar die Gefahr, die damit verbunden ist. Denken wir nur an das Evangelium: Er soll in Erbangelegenheiten vermitteln. Aber er lässt sich in diese weltlichen Dinge nicht hineinziehen, denn bei ihm geht es um etwas ganz anderes, er hat eine Botschaft, die nicht mit Gold aufzuwiegen ist, die aber nur dann einen Menschen anrühren und treffen kann, wenn sein Herz nicht ständig besetzt ist mit Börsenkursen, Renditen und Vermögensfragen. Und darum sagt er klar und deutlich: Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier.
Habgier kann besessen machen. Nicht umsonst zählt Habgier zu den Kapitalsünden. Sie kann blind machen für Gott und die Mitmenschen, weil ich nur noch für den Kontostand lebe und Sklave der Gier, des Geldes oder der Macht bin. Für uns als Christen stellt sich die Frage: Wie frei bin ich von alledem? Vielleicht habe ich wenig Geld, aber meine Gedanken, mein Trachten, mein Wille nach materiellen Dingen ist total davon besetzt.
Liebe Schwestern und Brüder, es ist wichtig, dass wir ehrlich sind und ich denke, dass vielen dieser Stachel im Fleisch steckt: haben wollen, besitzen wollen. Der Jäger und Sammler ist auch in uns. Und sogar in der Regel des heiligen Benedikt wird das deutlich, wenn er sagt: „Der Abt durchsuche häufig die Betten, ob sich dort nicht Eigenbesitz finde. Wenn sich bei einem etwas findet, das er nicht vom Abt bekommen hat, treffe ihn strengste Strafe. Um dieses Laster des Eigenbesitzes mit der Wurzel auszurotten, muss der Abt alles Notwendige geben.“ Auch bei den Mönchen besteht die Gefahr, dass sie anhäufen, dass sie sammeln und horten.
Und doch wissen wir alle: Das Totenhemd hat keine Taschen. Jesus macht das eindeutig klar und bringt damit die Brisanz des Ganzen zum Ausdruck: „Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?“
Der Herr geht nicht zimperlich mit den Seinen um. Nein, er legt den Finger in die Wunde und er fordert uns zu einer ehrlichen Antwort heraus. Seine Frohbotschaft ist eben auch immer eine Herausforderung, nicht nur Trost, Hoffnung und Zuversicht. Nicht nur barmherziger Vater und barmherziger Samariter. Nein, er packt uns am Schlawittchen und sagt uns: Kehr endlich um und schau zu, dass du vor Gott reich wirst, wenn du damit noch nicht angefangen hast.
Mit anderen Worten sagt es Paulus: „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!“ Darum soll es uns gehen. Die Kompassnadel zeigt zum Himmel, zeigt auf unsere Zukunft, und da zählt ein anderer Reichtum: Reich an Glaube, an Hoffnung und an Liebe. Reich an guten Werken und Taten, erwachsen aus Verantwortung für mein Christsein.
Das schließt nicht aus, dass ich die eine oder andere Rücklage bilde. Das müssen auch wir als Ordensleute tun. Die Gebäude erhalten sich nicht von selbst und die Verantwortung für alle, die hier in unserem Kloster arbeiten – das alles erfordert auch das rechte Maß an materiellem Fundament.
Aber der Sinn des Lebens ist ein anderer – auf jeden Fall für uns Christen!
Unser Sinn besteht darin, immer tiefer in das Geheimnis Gottes hineinzuwachsen und zu erspüren, dass wir seine geliebten Kinder sind: Gratis! Umsonst! Und dass wir aus dieser Erkenntnis und aus dieser Erfahrung heraus unser Leben gestalten, unserem Leben eine Prägung geben, die uns als Christusverbundene erkennbar macht. Und Christusverbundene, das sind Menschen, die dem Leben dienen, die das Leben lieben, weil sie mit dem Lebendigen schlechthin, mit dem auferstandenen Christus verbündet sind. Ja, liebe Schwestern und Brüder, an dieser Stelle dürfen wir uns noch einmal das Pauluswort gesagt sein lassen: „Ihr seid mit Christus auferweckt.“
Wenn dieses Wort mit allen Konsequenzen in uns lebt, dann brauchen wir vor dem Geld und allem Materiellen keine Bange zu haben, weil wir wissen, wer uns regiert und weil wir wissen und fest davon überzeugt sind, dass es Wesentlicheres gibt als Reichtum und Macht – nämlich das Reich Gottes, das bereits hier auf Erden seinen Anfang nimmt. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder,
wer ein Haus baut, der muss darauf achten, dass dieses Haus ein gutes Fundament hat. Ansonsten besteht die Gefahr, dass dieses Haus sehr schnell brüchig wird, dass es an Stabilität verliert und nicht mehr bewohnt werden kann. Ein Haus ohne gutes Fundament, bietet auf Dauer keinen Schutz.
Ähnlich ist es in unseren Beziehungen. Damit ich mich einem Menschen anvertrauen kann, damit ich auf ihn bauen und damit unsere Beziehung ein gutes Fundament hat, muss ich ihn kennen, müssen wir uns gegenseitig vertraut gemacht haben. Ein oberflächliches Kennen oder gar eine Kumpanei, die sich zwischen Tür und Angel ergeben hat - sie bietet nicht die Basis, auf der eine feste und ernsthafte Freundschaft gedeihen kann, auf der eine menschlich tiefe und reife Verbundenheit wachsen kann.
Und so ist es auch mit unserer Beziehung zu Jesus Christus. Der heilige Paulus sagt im Brief an die Philipper: „Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden. Sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen.“
Christus erkennen – darum geht es dem heiligen Paulus. Immer tiefer zu erfassen, wer dieser Jesus von Nazareth ist. Für wen halten wir ihn? Für wen hältst Du ihn? Am vergangen Sonntag hat Jesus diese Frage seinen Jüngern gestellt: „Für wen aber haltet ihr mich?“ Die Antwort, liebe Schwestern und Brüder, die Antwort kann uns niemand abnehmen. Die Antwort müssen wir geben – jede und jeder für sich. Und von dieser Antwort hängt alles weitere ab. Diese Antwort ist wesentlich für unser Leben als Christen, für unsere Beziehung zu Jesus Christus. Darum: Was antworten wir? Oder richtiger gesagt: Was antwortest Du? War Jesus Christus lediglich ein guter Mensch? War er ein Sozialreformer, der den Reichen auf die Füße getreten hat? War er ein Revoluzzer, der die Priesterkaste und religiösen Führer seiner Zeit viele Nerven kostete? Er hat ja Werte wie z.B. die Heiligung des Sabbats nicht beachtet und immer wieder das Gegenteil getan. Also: Was antwortest du? Für wen hältst du mich?
Liebe Schwestern und Brüder, die Antwort ist fundamental, sie ist unser Fundament und ich wünsche uns allen, dass wir sagen können: Herr Jesus Christus, du bist der Sohn Gottes, du bist mein Herr, mein Heiland, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben. Du bist meine Hoffnung, meine Zuversicht – über alles Sichtbare hinaus. Dir gehöre ich.
Ansonsten wird es schwer, die Hand an den Pflug zu legen und dran zu bleiben, wovon heute im Evangelium die Rede war. Die innige Verbundenheit mit Christus ist es, die uns immer wieder zum Leben verhilft, die unserem Leben Sinn gibt, ein gutes Fundament, die uns auch dann trägt, wenn uns Schweres auf den Schultern lastet, wenn es loszulassen gilt oder ganz andere Wege gegangen werden müssen, Wege, die wir uns nicht selber ausgesucht haben.
Im Evangelium heute ist immer wieder vom Abschied die Rede gewesen. Da will einer noch Abschied nehmen und den verstorbenen Vater begraben. Der andere will sich von seiner Familie verabschieden und dann Jesus nachfolgen. Und Jesus selbst – er ist auf dem Weg nach Jerusalem, er ist auf dem Weg, der in den Tod führen wird. Er ist auf dem Weg, auf dem er sich mehr und mehr in die Hand des Vaters begibt und seinen Willen mit dem des Vaters verbindet. „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe.“ Und so endet sein Weg am Kreuz. - Zunächst! Aber vergessen wir das Fundament nicht, auf dem Jesus steht und geht. Ein Fundament, das stark ist und das ihn trägt. Lukas beschreibt es bei der Taufe im Jordan mit den Worten: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ Die Stimme aus dem Himmel macht Jesus deutlich: Ich habe dich lieb. Und diese Liebe begleitet ihn – gerade auch in schweren Stunden. Diese Liebe begleitet ihn – auch und gerade bis ans Kreuz, begleitet ihn durch die Nacht des Todes und ruft ihn ins Leben. Dieses Fundament trägt Jesus.
Und dieses Fundament soll auch uns tragen, wenn wir die Hand an den Pflug legen und es soll uns ermutigen, nach vorne zu schauen und zu hoffen und zu vertrauen, dass der Herr mit uns geht.
Wenn wir aber zurückblicken und traurig sind, weil wir vieles aus der Vergangenheit loslassen müssen, dass wir uns von dem, was einmal war, verabschieden müssen, wenn wir zurückblicken und vielleicht sogar die Vergangenheit glorifizieren, dann sehe ich zwei Gefahren:
A. Wir ziehen keine geraden Furchen. Wir verlieren die Spur und alles wird krumm. Wer die Hand an den Pflug legt, der muss nach vorne schauen.
B. Wenn wir zurückschauen kann es uns passieren, dass wir die Türen und Fenster, die Gott uns öffnet, überhaupt nicht mehr sehen und wahrnehmen.
Darum ist es so wichtig, dass wir nach vorne blicken. Das schließt nicht aus, für das Vergangene dankbar zu sein. Aber es ist doch so, dass wir jetzt gefordert sind, im hier und heute. Hineinzuwirken in unsere Welt, ihr ein menschenfreundliches, christlich geprägtes Gesicht zu geben, das aus unserer Gottesbeziehung heraus Gestalt annimmt. Und dass wir uns anrühren lassen von der Wirklichkeit: von der Brüchigkeit unseres Europa. Von den vielfachen Nöten in unserer Welt: den politischen Spannungen, von Krieg und Terror. Und nicht auch von der Frage, wie es mit unserer Kirche weitergehen wird, die vor großen Herausforderungen steht. Wir haben auf viele Fragen keine Antwort. Aber eines können wir: im Auf und Ab des Lebens Gott zu vertrauen! Jetzt, in dieser Stunde, uns beschenken lassen mit dem Wort und dem Sakrament, damit wir nicht resignieren, sondern Zeugnis geben.
Und gerade deshalb, liebe Schwestern und Brüder, lasst uns die Hand an den Pflug legen, lasst uns jeden Tag von neuem versuchen, unser Leben als Christen zu gestalten und unser Augenmerk immer wieder auf den Auferstandenen Christus richten. Von ihm kommt alle Zuversicht und Kraft. Darum gilt: Legen wir die Hand an den Pflug, bauen wir mit an Gottes Reich – und das mit einem Lächeln auf den Lippen.   Amen.

Liebe Schwestern und Brüder,
„Wenn dich ein Hungernder fragt: Wo ist Gott? – Dann gib ihm Brot und sage: Hier!“ Es war Mahatma Gandhi, der dieses Wort geprägt hat und der in seinem Heimatland Indien immer wieder die konkrete Not vor Augen hatte. Eine Not, die weltweit betrachtet, nicht zum Ende gekommen ist. Denn noch immer gibt es Menschen, die hungern und die darben, denen das Nötigste fehlt, um den Alltag zu überstehen. Und es sind nicht wenige Menschen, denen der Hunger ins Gesicht geschrieben ist, denen der Hunger aus den Augen schaut. Ist es nicht gerade darum eine himmelschreiende Sünde, dass in Europa und in vielen anderen Regionen dieser Erde Nahrungsmittel tonnenweise weggeworfen werden?
Das Brot, das wir in der heiligen Messe verwenden, das wir konsekriert heute in der Monstranz hinaustragen und uns davor niederknien – es ist geradezu ein Appell, und der lautet: Mensch halte ein! Mensch bedenke: Brot ist keine Selbstverständlichkeit! Ausreichend Nahrung zu haben, ist auf dieser Erde nicht allen gewährt. Sei dankbar, wenn du Speise hast zum Leben.
Vom heiligen Basilius dem Großen, Bischof und Kirchenlehrer - er lebte von 330 – 379 – von ihm ist uns das Wort überliefert, und er spricht es mitten hinein in die Überflussgesellschaft, in der wir leben und er sagt: „Das Brot, das ihr verderben lasst, ist das Brot der Hungernden.“
Der heutige Tag, liebe Schwestern und Brüder, kann in uns das Bewusstsein schärfen, ehrfürchtig mit der Nahrung umzugehen und auch an jene zu denken, denen es nicht gut geht auf dieser Welt, die nicht vor einem vollen Kühlschrank stehen und fragen: Was könnte ich denn heute einmal essen und welche Brotsorte nehme ich zur Grundlage?
Jesus weiß um diese Realität des Hungers, er weiß um die Not der Menschen und er dreht sich nicht um oder verschließt die Augen vor dieser Wirklichkeit. Im Gegenteil – er lässt sich anrühren von dem Bedürfnis der Menschen nach Nahrung. Er ist empfindsam und hat ein feines Gespür für die Tatsache, dass Menschen Hunger haben und Nahrung brauchen. Das ist im Evangelium spürbar geworden. Die Jünger wollen die Menschen wegschicken. Aber wie Gott die Menschen in der Wüste gespeist hat, so wird auch der Sohn Gottes Nahrung geben. Wer bei ihm ist, der soll nicht leer ausgehen. Und darum bricht er das Brot und erinnert uns an den Abendmahlsaal. Und er gibt zu essen, er gibt Nahrung – ja er selbst ist die Speise.
Und auch wir dürfen in dieser Feier das heilige Brot empfangen, in dem er sich selber schenkt und sich mit uns vereinigt und uns zu verstehen gibt: Du, Mensch, du bist mir mehr als wichtig. Du bist mir lieb und teuer. Darum ist der Empfang des Leibes Christi nicht nur Nahrung für den Leib. Der Herr selbst nährt auch den Hunger unserer Seelen, diesen Hunger, der über das rein Sichtbare hinausgeht und nach Ewigkeit verlangt, nach Leben in Fülle, das kein Ende kennt.
Komponisten und Dichter haben diese Herzenssehnsucht in Melodien und Worte gefasst. Und auch in unserem Gesangbuch gibt es Zeugnisse davon. Da heißt es in einer ersten Strophe:
„O heilige Seelenspeise auf dieser Pilgerreise, o Manna Himmelsbrot! Wollst unsern Hunger stillen, mit Gnaden uns erfüllen, uns retten vor dem ew’gen Tod.
Und die vierte Strophe ist von der Bitte und der Hoffnung durchdrungen, wenn es heißt:
„O Herr, was wir hier schauen in Glauben und Vertrauen, das zeige uns im Licht, und lass es einst geschehen, dass ewig wir dich sehen von Angesicht zu Angesicht. Amen.
Fronleichnam – das Fest des Brotes, der Nahrung; das Fest, das uns gemahnt, die Hungernden im Blick zu haben und achtsam mit der Nahrung umzugehen.
Fronleichnam – das Fest des Herrenleibes, der uns stärkt und unseren Seelenhunger stillt. Das Fest, das in uns die Hoffnung beflügelt: Mensch, du bist auf deinem Weg von Gott begleitet, so dass wir aus ganzem Herzen beten können: Herr, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben. Amen.

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