Liebe Mitbrüder, Freunde und Wohltäter!

„Das neue Jahr liegt vor uns wie ein leeres Buch“, so schreibt Christa Spilling-Nöker. „Dreihundertfünfundsechzig Seiten, die von Tag zu Tag gefüllt werden wollen. Was werden wir erleben, welche Geschichten werden wir in dieses Buch hineinschreiben? Oder steht vielleicht ein bedeutendes Fest an, auf dessen Feier wir schon freuen können? Was wird dem neuen Jahr glänzende Seiten verleihen, was wird es krönen?
Manchmal lebt man gerade so, als hätte man schon hier auf Erden das ewige Leben gepachtet. Immer wieder schiebt man gewisse Dinge hinaus. Aber es gibt Sachen, für die die richtige Zeit kommt und die man dann auch tun sollte. Sonst muss man eines Tages feststellen, dass man das Wesentliche versäumt hat. Einen Tag in der Woche im wahrsten Sinn des Wortes zur Besinnung kommen und Ruhe einkehren lassen im Haus und im Herzen. Einen Tag in der Woche Wellness für die Seele betreiben oder anders gesagt: Den Sinn des Sonntags wieder neu entdecken!


„Ora et labora“, „bete und arbeite“, lautet die Lebensregel der Benediktiner. Die meisten Menschen hingegen leben nach dem Grundsatz: arbeite, arbeite, arbeite! Was kann man am heutigen Tag noch alles unterbringen? Was lässt sich noch irgendwie erledigen? Wie erfüllt kann ein Tag sein, wenn wir auch dem Gebet,  der regelmäßigen stillen Zeit Gelegenheit geben, uns zur Ruhe und zu den Wurzeln unseres Daseinsgrundes kommen zu lassen. Angefüllt mit gesegneter Kraft können wir uns dann wieder unseres Aufgaben widmen.“
Auf den neuen Waegwaner Jahresbrief freue ich mich jedes Jahr. Ich bin und bleibe halt ein alter Koreaner, auch wenn seit meiner Rückkehr bereits 15 Jahre vergangen sind. Hier nun einige Auszüge: Am 15. Januar legten 4 Mitbrüder die ewige Profess ab. Zwei Tage vorher wurden 5 Postulanten ins Noviziat aufgenommen. Am 5. Juli erhielten die zwei Diakone vom neuen Taeguer Erzbischof die Priesterweihe. Drei Mitbrüder im hohem Alter wurden von Gott heimgerufen in sein Reich. Zwei von ihnen hatten noch in Tokwon/Nordkorea die Gelübde abgelegt. Vom 21. Juli bis zum 29. August waren 8 junge Mitbrüder aus europäischen und einem afrikanischen Kloster unserer Kongregation in Waegwan zu Besuch. Sie konnten viel sehen, hören und erfahren, was ihnen einmal zustatten kommt, wenn sie selbst für den missionarischen Dienst in der weiten Welt eingesetzt werden. Der November ist der Oblaten-Monat. Oblaten sind Frauen und Männer, die das benediktinische Charisma mitten in der Welt zu verwirklichen suchen. Am 6. November kamen 95 Neubewerber, die sich in Zukunft auf die Oblation vorbereiten wollen. 37 Oblaten legten nach 6-jähriger Prüfungszeit ihr endgültiges Versprechen als Oblaten ab. Mehr als 600 Oblaten haben sich in der Zwischenzeit mit den Mönchen auf den Weg der benediktinischen Spiritualität begeben. Zum Kloster Waegwan gehören mehr als 150 Mitglieder. Davon leben 71 in der Abtei, die anderen in 6 abhängigen Häusern in Korea und in den USA. In 13 Aufgabenbereichen bemühen sich die Mitbrüder, der Kirche Koreas und den Leuten zu dienen. In Seoul, Pusan und Waegwan werden drei Exerzitienhäuser von den Mitbrüdern geführt, dazu kommen 6 Pfarreien des Chilgoker Landkreises, in denen Patres als Pfarrer eingesetzt sind. Verschiedene Werkstätten des Klosters wie die Schreinerei, die Goldschmiede und das Atelier für Buntglasfenster leisteten einen wertvollen Beitrag für die Einrichtung von Kirchen und die Gestaltung der Liturgie. Die Druckerei konnte über 700 Bücher drucken und veröffentlichen. Besonders beeindruckend ist der Korrespondenzkurs für Taufbewerber, der von der Diözese Passau seit fünfzig Jahren teilweise finanziert wird. Im Jahre 2011 hatten 3.130 Frauen und Männer diesen Kurs absolviert. Von ihnen wurden 469 in ihren zuständigen Pfarreien an Ostern und Weihnachten getauft. Erwähnenswert sind auch noch das Arbeiterzentrum in der Großstadt Kumi (600 000 EW) und das St. Benedikts Altersheim, das mittellosen und alleinstehenden Senioren zur Verfügung steht. Möge nach dem Machtwechsel in Nordkorea der Tag nicht mehr fern sein, an dem Benediktiner dort wieder die Frohe Botschaft verkünden können.


Tanzania feierte am 09. Dezember 2011 das 50-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit und Freiheit von den Engländern. Es wurden viele Reden gehalten, gesungen, getanzt und noch mehr gegessen. Auch die tanzanische Kirche wächst weiter, in den 31 Diözesen, mit den 31 afrikanischen Bischöfen, den vielen Priestern, Katecheten und Ordensmänner und Ordensfrauen. In der Diözese Mbinga wurde anfangs der 60-er Jahre von den Untermarchtaler Schwestern ein kleines afrikanisches Kloster gegründet. Inzwischen ist die Gemeinschaft auf über 300 Mitglieder angewachsen. Ihre erste Kapelle reicht schon längst nicht mehr, deshalb bauten sie eine größere Kirche. Br. Ignaz Laumer wurde gebeten, für die neue Kirche die Fenster und über 100 Kirchenbänke zu schreinern. Keine Kleinigkeit für sein Alter, auch wenn ihm in der Zwischenzeit viele afrikanische Mitbrüder zur Seite stehen. Seit Mai hat es in unserer Gegend nicht mehr geregnet. Für die Baumpflanzen reicht das Wasser gerade noch. Die Abtei Peramiho braucht sich vorerst keine Sorge um den Nachwuchs zu machen. Ewige Profess haben inzwischen 21 Mitbrüder abgelegt, 16 die Zeitliche. Das Noviziat bevölkern 4. Auch  sonst kommen immer wieder junge Menschen, um das Klosterleben kennen zu lernen. Gott sei Dank, denn die Anzahl der europäischen Missionare nimmt rapide ab.
Seit 30 Jahren lebt nun schon Br. Markus Forster in Ndanda und leitet die Klosterdruckerei, die zu den Besten Tanzanias gehört, dazu hat er vor 5 Jahren die Sorge um Kilimahewa übernommen. Seine Aufgaben sind immens: Druck von Prüfungsaufgaben für die Regierung, von Schulheften und Schulbüchern, Quittungsblocks für große Firmen, Brunnenbohrungen, Bau von Kindergärten und des AIDS – Krankenhauses usw. Mich wundert immer wieder, wie er das alles leisten kann. Immerhin ist Kilimahewa 800 km von Ndanda entfernt. Auch in der Abtei Ndanda geht die Afrikanisierung weiter. Mit ganz  wenigen Ausnahmen werden die meisten Betriebe bereits von den afrikanischen Mitbrüdern geleitet. Am 28. Juni 2011 starb Sr. Lia mit 99 Jahren. Über 60 Jahre betete und arbeitete sie in Ndanda und kümmerte sich um die Aussätzigen.


P. Leo Eireiner berichtet in seinem Weihnachtsbrief von seinen pastoralen Einsätzen in Nongoma mit den 22 Filialen, in Elukwatini bei den St. Albanschwestern und in Twasana  bei den schwarzen Benediktinerinnen. Sonst ist er in Vryheid und Inkamana tätig. Im Übrigen würde ich ihn zum „Bettler des Jahres 2011“ ernennen. Obwohl er kein Pfarrer mehr ist, unterstützt er doch weiterhin ein Waisenhaus und die drei Kindergärten in Mondlo. Jetzt im Dezember und Januar hilft er vor Schulbeginn ganz gezielt armen und bedürftigen Schülern und Studenten mit dem Kauf von Schuhen, Büchern und Schulkleidung, weil viele Eltern einfach das Geld nicht aufbringen können für die Beschaffung dieser Sachen, vor allem dann, wenn sie mehrere schulpflichtige Kinder haben. So geht ihm ständig das Geld aus.  „Ich bitte dich demütig und flehentlich, das Herz weit zu öffnen und mir zu helfen“, schreibt P. Leo zum Schluß. Ich gebe diese Bitte gerne an die Vilshofener weiter. P. Richard Multerer hat sein Priorenamt in Inkamana ab 1. Januar dieses Jahres an P. John  Paul, dem bisherigen Zellerar, abgegeben. Er fühlt sich seit einigen Jahren nicht mehr so gesund. „Ihm sei eine große Last vom Herzen gefallen“, heißt es im E-Mail. Ein Wiedersehen in Schweiklberg im Laufe dieses Jahres ist gut möglich.
Das neue Jahr liegt noch im Dunkeln. Gott hat uns nicht ein Licht verheißen, in dessen Schein wir aus eigener Kraft sicheren Fußes durch diese Jahr gehen können. Aber er reicht uns seine Hand und lädt uns ein, unsere Hand in seine Hand zu legen und an seiner Hand das neue Jahr zu beschreiten. Das wünscht Ihnen von ganzem Herzen.


Ihr dankbarer Schweiklberger Missionsprokurator P. Stephan Raster OSB