"Wenn wir im Tode leiblich zerfallen, sind wir im Geist schon jenseits der Schwelle ewiger Nacht“. (Aus der Stundenliturgie für Verstorbene)

Nach längerem Leiden und geduldig ertragener Schwäche des Alters verstarb am Sonntag, dem 13. Mai 2012 um 12.30 Uhr , einen Tag nach seinem 81.Geburtstag, unser Mitbruder


Abt em. Dr. Anselm (Gotthard) Schulz OSB


Seine Wiege stand in Apolda in Thüringen, wo er am 12. Mai 1931 als Sohn des Obersteuerinspektors Bruno Paul Schulz und seiner Ehefrau Gertrud, geborene Seemann, zur Welt kam. Am 24. Mai wurde er auf den Namen Bruno Gotthard Josef getauft.


Die erste Schulbildung erhielt er von 1937 bis 1940 auf der Volksschule in Apolda. Von 1941 bis 1945 besuchte er die Oberschule in Gablonz (Sudetenland) und von 1945 bis 1949 die Lessing-Oberschule in Görlitz, wohin die Mutter mit den Kindern auf einer mehrmonatigen Odysse durch das Egerland und Thüringen geflüchtet ist, da die Großeltern mütterlicherseits dort wohnten. Der Vater war seit 1941 auf den Kriegsschauplätzen in Norwegen und kam erst 1947 aus der Gefangenschaft zurück. In dieser Zeit hat der damals 14-jährige Gotthard als ältester der Geschwister seine Mutter unterstützt und gleichsam den Vater vertreten. Wie einer seiner Brüder bezeugt, verteilte Gotthard sein Essen an die jüngeren Geschwister, so dass er Ende 1947 wegen Unterernährung im Kran- kenhaus behandelt werden musste. Nach dem Abitur 1949 zog er nach Königsstein im Taunus, um dort Theologie zu studieren, da dies in der damaligen Sowjetzone nicht möglich war.


Von Königsstein aus verbrachte er die Semesterferien auf Einladung von Abt Willibald in der Abtei Schweiklberg Hier reifte in ihm der Entschluss, Ordensmann zu werden. Er wurde zuerst am 21. Oktober 1952 als Choroblate aufgenommen, bis er nach beendetem Theologiestudium am 12.09.1953 endgültig in das Noviziat eintreten konnte.


Am 15.09.1954 legte er die ersten Gelübde ab. Da er bereits sein Theologiestudium abgeschlossen hatte, konnte er im Herbst 1954 an die Ludwig-Maximilian-Universität München zum Studium der Exegese des Neuen Tes- tamentes wechseln. Am 20. Mai 1956 legte er sein feierliches Gelübde ab und wurde bereits am 15. Juli dieses Jahres durch Bischof Simon Konrad Landersdorfer zusammen mit P. Ansgar Wilhelm († 1977) und P. Magnus Dobmeier († 1998) zum Priester geweiht. Im September 1957 bekam er auch das Amt des Klerikerpräfekten übertragen. Die wissenschaftliche Laufbahn krönte er mit der Promotion zum Doktor der Theologie am 19. Dezember 1959 „Summa cum laude“ an der Universität München. Seine Dissertation trägt den Titel: „Nachfolge und Nachahme – Studien über das Verhältnis der neutestamentlichen Jüngerschaft zur christlichen Vorbildethik“. Wissenschaftliche Ausbildung und Fähigkeit prädestinierten P. Anselm zu einem Einsatz an einer Hochschule. Dieses Arbeitsfeld eröffnete sich ihm 1960 im Priesterseminar der Abtei Peramiho/Tansania, wohin er am 4.September 1960 ausgesandt wurde. Zuvor bereitete er sich in England sprachlich auf seinen Auftrag als Dozent für Neues Testament an der Hochschule Peramiho vor. Leider machten schwere gesundheitliche Probleme dem Einsatz in Ostafrika ein baldiges Ende. Am 15. Dezember 1964 kehrte er wieder nach Schweiklberg zurück. Da ein weiterer Einsatz in Afrika aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in Frage kam, übernahm P. Anselm 1965 das Amt des Superiors im Studienkolleg Bergfried bei Passau. Die neue Aufgabe war für den jungen Mönch in gewisser Weise die Vorbereitung für die nächste größere Anforderung, die auf ihn wartete. Am 14. März 1967 wählte die Klostergemeinschaft den erst 35-Jährigen zum 4. Abt von Schweiklberg. Am 16. April erhielt er durch den Diözesanbischof Simon Konrad Landersdorfer die Abtsbenediktion. Sein Wahlspruch war: „Diener eurer Freude“ (2 Kor. 1,24). Eine große Arbeitslast wartete auf Abt Anselm, die er, der von Kindheit an Verantwortung für andere tragen musste, mit Energie, und mit großem Elan anpackte. Es war eine Umbruchszeit, in die P. Anselm als Abt gewählt wurde. Die Zusammenführung der Gemeinschaft, die Einführung des deutschen Stundengebetes und viele dringend notwendige Baumaßnahmen, darunter 1971 die Umgestaltung der Abteikirche und der Krypta nach den liturgischen Richtlinien des Zweiten Vatikanums, die Gestaltung der Außenanlagen, zusammen mit den täglichen Anforderungen einer Gemeinschaft von ca. 100 Mönchen und den dem Kloster angeschlossenen Bildungseinrichtungen (Gymnasium, Lehrlingsheim etc.) bewältigte Abt Anselm mit seinen Mitbrüdern durch seinen großen Fleiß, mit viel Geduld, aber auch mit einer gewissen Festigkeit in der personellen Führung. Dem promovierten Theologen war besonders am Ausbau des Bildungsstandortes Schweiklberg gelegen. Neben der Schule war ihm das Exerzitienhaus, das bis 1972 in den Wintermonaten auch als Landwirt- schaftsschule geführt wurde, ein großes Anliegen. So entschloss er sich 1973, zusammen mit dem Konvent, dieses Haus einer durchgehenden Außen- und Innenrenovation zu unterziehen und in ihm eine „Institut der Erwachsenenbildung“ ins Leben zurufen. Darum erhielt es auch den Namen des mittelalterlichen Universalgelehrten, Beda Venerabilis zum Patron. Darüber hinaus bemühte sich der Abt auch um eine gute Aus- und Fortbildung der Mitbrüder sowohl in fachlicher als auch in geistig-geistlicher Richtung.


Aber nicht nur Aufgaben innerhalb des Klosters waren zu bewältigen. Abt Anselm wurde auch von außerhalb des Klosters angefordert und gefordert. So schreibt der Klosterchronist 1978: „V. Abt gehört dem Kongregations- rat und der monastischen Komission unserer Kongregation an, ist Vorsitzender der liturgischen Komission der ,Salzburger Äbtekonferenz‘, gehört dem Sachausschuss für Missionen an. Außerdem ist er seit 1977 Mitglied der Komission der ,Vereinigung deutscher Ordensoberer‘ (VDO). Im Juni 1978 wurde er von der Vollversammlung dieses Gremiums zum Vorsitzenden gewählt.“ Außerdem war er Mitarbeiter der Salzburger Äbtekonferenz für das neue deutschsprachige Stundenbuch. Dazu kam die Berufung von Abt Anselm in die „Gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1971. Außerdem gab der Abt häufig außerhalb des Hauses aber auch im St. Beda-Haus Exerzitien und Einkehrtage. Zusätzlich hielt er Vorlesungen in neutestament- licher Exegese an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Passau. Diese unermüdlichen Einsätze innerhalb und außerhalb der Abtei wurden staatlicherseits mit der Verleihung des Bayerischen Verdienstordens am 25. Juni 1981 im Antiquarium der Residenz München durch den damaligen Ministerpräsidenten Franz Joseph Strauß gewürdigt. Es ist nicht verwunderlich, dass der gesundheitlich nicht gefestigte Abt bald an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit kam. Am 25. Januar 1982 legte er nach 15 Jahren hingebungsvollen Einsatzes das äbtliche Amt nieder.


Abt Anselm war nicht der Mann, der sich dann zur Ruhe setzen wollte. In der Erzdiözese München Freising fand er ein neues Betätigungsfeld. Seit Juli 1982 bis Oktober 2006 war er als Pfarradministrator und Pfarrverbandsleiter im Pfarrverband Münsing–Holzhausen am Starnberger See tätig, davon zehn Jahre als Dekan. Während dieser Jahre erteilte er auch Religionsunterricht in der Oberstufe des Gymnasiums Icking. Was diesen seelsorgerlichen Einsatz ausmachte, drückte der Bürgermeister von Münsing beim 25-jährigen Dienstjubiläum des Pfarrers 2006 aus. Er dankte dem Jubilar für seinen unermüdlichen Einsatz für die Kranken und Senioren, für seine väterliche Haltung gegenüber den Kindern, für seine Präsenz bei Festen und Veranstaltungen. Außerdem hob er die Begabung des Jubilars hervor, bei Beerdigungen genau die richtigen Worte zu finden.


Als Ruhestandsgeistlicher ging Altabt Anselm in das Augustinus-Stift nach München, wo er aber immer noch, soweit es ihm möglich war, sowohl hier, als auch in der Stadtpfarrei Wolfratshausen und in der Pfarrei St.Ignatius in München Aushilfe leistete.


Nach seinem 80. Geburtstag im Jahre 2011 war bei Altabt Anselm ein stetiger geistiger und körperlicher Kräfteverfall zu spüren. Im Herbst 2011 entschloss er sich daher auf das Anbieten von Abt Rhabanus einzugehen und in sein Professkloster Schweiklberg zurückzukehren, wo er in der Krankenabteilung eine gute Aufnahme fand, die er auch dankbar annahm.


Die letzten Monate waren für unseren lieben Mitbruder und Altabt Anselm eine wahre Leidenszeit. Die Kraft dazu gab ihm außer seiner natürlichen Leidensfähigkeit, die ihm half, viele schwierige Lebenssituation durchzustehen, auch die Kraft Gottes, dem er in allem mit Hingabe gedient hat. Er wird auch in der jenseitigen Welt, in die er eingehen durfte, sein ewiger Lohn sein. Dafür bitten wir um das Gebet aller, die Abt Anselm gekannt haben und die unserer Gemeinschaft verbunden sind.

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