Liebe Schwestern und Brüder,
„Wenn dich ein Hungernder fragt: Wo ist Gott? – Dann gib ihm Brot und sage: Hier!“ Es war Mahatma Gandhi, der dieses Wort geprägt hat und der in seinem Heimatland Indien immer wieder die konkrete Not vor Augen hatte. Eine Not, die weltweit betrachtet, nicht zum Ende gekommen ist. Denn noch immer gibt es Menschen, die hungern und die darben, denen das Nötigste fehlt, um den Alltag zu überstehen. Und es sind nicht wenige Menschen, denen der Hunger ins Gesicht geschrieben ist, denen der Hunger aus den Augen schaut. Ist es nicht gerade darum eine himmelschreiende Sünde, dass in Europa und in vielen anderen Regionen dieser Erde Nahrungsmittel tonnenweise weggeworfen werden?
Das Brot, das wir in der heiligen Messe verwenden, das wir konsekriert heute in der Monstranz hinaustragen und uns davor niederknien – es ist geradezu ein Appell, und der lautet: Mensch halte ein! Mensch bedenke: Brot ist keine Selbstverständlichkeit! Ausreichend Nahrung zu haben, ist auf dieser Erde nicht allen gewährt. Sei dankbar, wenn du Speise hast zum Leben.
Vom heiligen Basilius dem Großen, Bischof und Kirchenlehrer - er lebte von 330 – 379 – von ihm ist uns das Wort überliefert, und er spricht es mitten hinein in die Überflussgesellschaft, in der wir leben und er sagt: „Das Brot, das ihr verderben lasst, ist das Brot der Hungernden.“
Der heutige Tag, liebe Schwestern und Brüder, kann in uns das Bewusstsein schärfen, ehrfürchtig mit der Nahrung umzugehen und auch an jene zu denken, denen es nicht gut geht auf dieser Welt, die nicht vor einem vollen Kühlschrank stehen und fragen: Was könnte ich denn heute einmal essen und welche Brotsorte nehme ich zur Grundlage?
Jesus weiß um diese Realität des Hungers, er weiß um die Not der Menschen und er dreht sich nicht um oder verschließt die Augen vor dieser Wirklichkeit. Im Gegenteil – er lässt sich anrühren von dem Bedürfnis der Menschen nach Nahrung. Er ist empfindsam und hat ein feines Gespür für die Tatsache, dass Menschen Hunger haben und Nahrung brauchen. Das ist im Evangelium spürbar geworden. Die Jünger wollen die Menschen wegschicken. Aber wie Gott die Menschen in der Wüste gespeist hat, so wird auch der Sohn Gottes Nahrung geben. Wer bei ihm ist, der soll nicht leer ausgehen. Und darum bricht er das Brot und erinnert uns an den Abendmahlsaal. Und er gibt zu essen, er gibt Nahrung – ja er selbst ist die Speise.
Und auch wir dürfen in dieser Feier das heilige Brot empfangen, in dem er sich selber schenkt und sich mit uns vereinigt und uns zu verstehen gibt: Du, Mensch, du bist mir mehr als wichtig. Du bist mir lieb und teuer. Darum ist der Empfang des Leibes Christi nicht nur Nahrung für den Leib. Der Herr selbst nährt auch den Hunger unserer Seelen, diesen Hunger, der über das rein Sichtbare hinausgeht und nach Ewigkeit verlangt, nach Leben in Fülle, das kein Ende kennt.
Komponisten und Dichter haben diese Herzenssehnsucht in Melodien und Worte gefasst. Und auch in unserem Gesangbuch gibt es Zeugnisse davon. Da heißt es in einer ersten Strophe:
„O heilige Seelenspeise auf dieser Pilgerreise, o Manna Himmelsbrot! Wollst unsern Hunger stillen, mit Gnaden uns erfüllen, uns retten vor dem ew’gen Tod.
Und die vierte Strophe ist von der Bitte und der Hoffnung durchdrungen, wenn es heißt:
„O Herr, was wir hier schauen in Glauben und Vertrauen, das zeige uns im Licht, und lass es einst geschehen, dass ewig wir dich sehen von Angesicht zu Angesicht. Amen.
Fronleichnam – das Fest des Brotes, der Nahrung; das Fest, das uns gemahnt, die Hungernden im Blick zu haben und achtsam mit der Nahrung umzugehen.
Fronleichnam – das Fest des Herrenleibes, der uns stärkt und unseren Seelenhunger stillt. Das Fest, das in uns die Hoffnung beflügelt: Mensch, du bist auf deinem Weg von Gott begleitet, so dass wir aus ganzem Herzen beten können: Herr, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben. Amen.